B A U K U N S T    D E S    S C H A T T E N S   I

Jenseits aller Nützlichkeitsfragen ist Architektur der Erfahrungsschatz des Menschen in der Errichtung von Artefakten, die "interesseloses Wohlgefallen" stimulieren. Das Wissen um menschliche Wahrnehmungsprozesse, die im wesentlichen körperlicher Natur sind, hat zu einer überaus komplexen architektonischen Sprache geführt, deren Vokabular, Grammatik und Syntax wir uns, gleichsam autodidaktisch, neu aneignen wollen. Dabei soll es gerade nicht um die unkritische Verwertung eines klassischen Kanons gehen, sondern um die Einübung eines Sensoriums zur kritischen Aneignung der Alltagswelt mit dem Ziel einer kenntnisreichen baukünstlerischen Fortschreibung in die Zukunft.

Dieses Experiment braucht Zeit, deshalb bieten wir einen Jahreskurs an: Im Wintersemester werden wir Architektona (nach Kasimir Malewitsch, zweckfreie Vorstufen der Architektur) projektieren, die im Sommersemester Architektur werden sollen, mit konkretem Programm auf einem Hanggrundstück am Fusse des ETH-Hauptgebäudes.
Wir werden also im kommenden Semester unser Atelier in eine Gipswerkstatt verwandeln und beweisen, dass dieser braune Raum mit seinen Trennwänden, Doppelböden, Installationsdecken kreative Arbeit nicht zwangsläufig erstickt. Bei dieser Arbeit wird uns ein Fachmann für Gipsabgüsse helfen.
Wir werden uns dazu durchringen auf den geliebten Computer zu verzichten, ein Semester lang mit Hand und Bleistift zu arbeiten, weil wir glauben, dass so die Brücke zwischen Welt und Hirn direkter zu schlagen ist. Hier wird uns ein Zeichnungslehrer unterstützen.
Wir werden die Konstruktionsvorlesung in den Dienst des Entwurfkurses stellen, um mit Hilfe von Gastvorträgen und anschliessenden Diskussionen ein architektonisches Wahrnehmungstraining nach dem Vorbild Schinkelschen Lehrbuches in Gang zu bringen.
Wir werden schliesslich in Stadtwanderungen die Wahrnehmungsfähigkeit stärken und die Vermittlung unserer Erfahrung durch Beschreibung in Skizze und Text kultivieren.

Studentenarbeiten

Christof Schmidt

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rev. 11.10.2006 , Caroline Fiechter